Können Seegurken als Meeresfrüchte bezeichnet werden?
Category Archives: Neueste Walheiten
Qual und die Bahn I
Wir befanden uns an einem gut gefüllten Provinzbahnhof und warteten auf unseren Anschlusszug, als der Lautsprecher plötzlich knackte und die Menge in etwa mit folgender Ansage beschallte:
“Werte Fahrgäste! Bitte beachten Sie: Der Regionalexpress C3-PO von X nach Y wird voraussichtlich zehn Minuten später eintreffen. Wenn wir voraussichtlich sagen, trifft das in 95% der Fälle auch zu. Wir bitten Sie die Verspätung zu entschuldigen und danken Ihnen für Ihr Verständnis! Ach ja, please mind the gap und so. Viel Spaß noch…ihr Würstchen! Haha, macht auch immer wieder Laune. Da werden die Jammerlappen wieder mächtig erbost sein…oh, ist das Mikro noch an? Sch…” Knack.
Innerhalb eines Augenblicks nach Verstummen der Anlage verwandelte sich der bis dato ruhige Bahnhof in eine hektische Bundestagssitzung. Handys wurden gezückt, Termine bei Zahnärzten, Rechtsanwälten und Thai-Masseusen verschoben. Kleine Kinder riefen nach ihrer Mama, obwohl sie zuvor ohne die betreffenden Mütter am Gleis angekommen waren. Ein älterer Herr ließ seine Krücken fallen und rannte schreiend davon: “Das ist das Ende!!!” Schulterzuckend sahen wir uns an. “So was Blödes! Wir kommen zu spät!”, stellte ich fest, “Anscheinend bekommen die auch nichts mehr gebacken.” Qual beobachtete seelenruhig die Szenerie und zeigte keine Anzeichen von Wut. “Beschwer dich bitte nicht so sehr über meinen neuen Arbeitgeber, ihr seid doch nur Sklaven eurer eigenen Erwartungshaltung”, bremste er mich schließlich. “Was meinst du mit Arbeitgeber? Und wieso Sklaven?”, fragte ich verwundert. “Nimm erstmal einen Kaugummi, dann erklär ich dir alles”, versprach Qual.
Qual und der Oscar
“Die Oscar-Verleihung wird heute übertragen, willst du mitschauen?”, fragte ich mit einer Schüssel Popcorn in der Hand. Qual antwortete giftig: “Der einzige Filmpreis, der mich interessiert, wurde schon Ende Januar vergeben.” Ich ging die Liste der mir bekannten Filmpreise durch, kam aber zu keinem Ergebnis. “Und der wäre?” Ungläubig, ja geradezu fassungslos, schaute Qual mich an. “Na der Jussi!” Mein nach wie vor ahnungsloses Gesicht bewegte ihn dazu mich schulmeisterlich aufzuklären:
“Das ist der finnische Filmpreis. Heißt übersetzt Hans und sieht einfach sympathisch aus. Männchen mit Hut, schlicht in weiß gehalten. Das nenn ich bodenständig. Der wird noch mit Herz verliehen, da geht es um Emotion und Leidenschaft für den finnischen Film. Wer den bekommt, ist wirklich stolz wie Oskar. Im Gegensatz dazu die Amerikaner und ihr Goldrausch, das kennt man ja aus der Geschichte. Und überhaupt: Deren Trophäe an sich ist doch einfach mal sinnfrei. Was hat denn ein nackter Mann samt Schwert mit Filmen zu tun? Wenn er wenigstens in kriegerischer Pose zu sehen wäre, das würde ebenfalls eher ihrem Naturell entsprechen. Obwohl, in Rambo-Haltung wär die Bahn frei für den Blick auf sein Gemächt, da sind sie wieder zu prüde. Naja, wie auch immer.” Qual hielt kurz inne, war aber inzwischen zu sehr in Rage, um es dabei belassen zu können. “Die Logik dahinter…da kann man ja gleich eine bunte Kuh mit Helm als Integrationspreis vermarkten!”, echauffierte er sich. “Naja, findest du denn unseren entsprechenden Bambi passender?”, umging ich jedwede weitere Diskussion rund um den Oscar. “Der Bambi repräsentiert als urdeutsches Rehwild mehr als alles andere unsere Kultur. Außerdem hat er kein Schwert, das ist die Hauptsache.”
Poltergeist
Ist ein Mensch, in dessen Haus es spukt, quasi permanent begeistert?
Qual und das Horoskop
“Sie überschätzen wieder ihre Kräfte. Wenn ihr Körper die ständigen Härtetests satt hat, wird er eine Zeit lang streiken!”, las Qual mir vor, “Erfolgswut macht engstirnig!” Ich musste lachen. “Wer an die Bedeutung von Sternkonstellationen glaubt, kann auch aus einem Kaffeesatz lesen.” Qual blickte kurz über den Rand der Zeitung. “Aber so verkehrt klingt das doch gar nicht!” Ich setzte mich zu ihm an den roten Küchentisch und ging mit ihm weitere Horoskope durch. “Natürlich klingt das nicht verkehrt, muss ja allgemein und auf jeden anwendbar sein. Radioaktive Fruchtfliegen oder ein Furunkel am Gesäß wären da zu speziell.”
Aus Langeweile überprüften wir sämtliche Botschaften. “Zur Belustigung können die allerdings manchmal ganz hilfreich sein. Gefährlich wird es, wenn man seinen Alltag danach ausrichtet, was man gelesen hat. Schau mal, Fische.” Qual schüttelte den Kopf: “Ich bin aber Säugetier, daher eher Wassermann!” Ich las also: “Am Arbeitsplatz: cool bleiben! Dass ihrem Gegner jedes Mittel recht ist, darf Sie nicht verleiten, ebenso zu handeln.” Wie auf Kommando kam Kater Peter zur Tür herein und legte sich in seine Ecke, sehr zu Quals Ärger, der sein Horoskop wieder nur in eine Richtung interpretierte. “Lies mal vor, was die Sterne zu Peter sagen. Stubentiger gibt es ja nicht, nimm Löwe”, bat ich ihn. Qual trug missmutig vor: “Sie sind krisenfest genug, um unangenehmen Situationen ins Auge zu schauen. Werden sie erwachsen, stellen sie sich der Realität!” Triumphierend schaute er zu unserem Vierbeiner: “Da hast du es, Peter! Still watching you!”
Rutschpartie
Im Winter wären streuende Katzen hilfreicher als streunende.
Qual und der Kater
„Weißt du, ich finde, wir sollten mal … AAAAARHG!“, entfuhr es Qual, als er den kleinen Kater im Zimmer erblickte.
„Das ist Peter, der ist uns einfach zugelaufen“, klärte ich Qual auf.
„Zugelaufen? Peter hat hier an der Tür geklingelt und gemeint Hallo, ich bin der Peter, ich wohn jetzt hier? oder was?“
„Na ja, zumindest ist er mir auf der Straße permanent nachgelaufen und saß ständig am Briefkasten.“
Qual schaute skeptisch. „Und was nun? Sind wir jetzt Auffangstation für arme Seelen?“
„Du hast dich auch nicht gerade höflich angemeldet. Also gleiches Recht für alle. Vielleicht wird er irgendwo vermisst. So klein sind Kater bestimmt nur kurz nach der Geburt. Wenn wir nur wüssten, wie alt er ist.“
„Das ist einfach: Aufschneiden und Jahresringe zählen.“
Qual schaute auf das dunkle Fell von Peter und ergänzte: „Du bist wieder mal zu gut für die Welt. Da will jemand das Vieh loswerden, und du lässt dir den schwarzen Peter zuschieben!“ Ich überlegte: „Er bleibt ja nicht für ewig. Aber zumindest solange, bis wir was über ihn herausgefunden oder überhaupt eine alternative Bleibe für ihn haben. Vertragt euch, hab grad keinen Nerv für Katz-und-Wal-Geschichten!“
Ich ging in die Küche und suchte das Abendbrot zusammen, während Qual um Peter herum tigerte und in einem Fort drohend flüsterte: „Ich beobachte dich, Freundchen!“

