*KEINE SPOILER* Als vor einem Jahr die ersten Schnipsel von Star Wars: Das Erwachen der Macht veröffentlicht wurden, hatte ich mir sofort vorgenommen, nicht zu viel zu erwarten. Dazu muss man sagen: Ich gehöre zu der hartnäckigen und für viele nervigen Sorte Fan, die die alte Trilogie immer deutlich besser finden wird als die Episoden I-III (und wahrscheinlich auch alles, was nun noch kommt).
Manche mögen mich für borniert halten, aber ich habe meine Gründe. Dennoch war bei mir die Vorfreude natürlich riesig, dass die Geschichte meines Lieblings-Universums (knapp vor Batman) weitererzählt wird. Doch je näher der Kinostart rückte und damit die Berichterstattung und die PR-Maschinerie immer stakkatoartiger auf meine schnell in Ungeduld umschlagende Spannung eintrommelten, desto schwieriger wurde es für mich, meine Jedi-Gelassenheit aufrechtzuerhalten. Am Ende hatten sie mich so weit, dass ich bei der kleinsten Erwähnung von #DasErwachenDerMacht am liebsten geschrien hätte: “JETZT ZEIGT MIR ENDLICH DEN VERFI***** FILM!!!!”
Das Leichentuch der dunklen Seite
Seit zwei Stunden gehöre ich zu den Leuten, die ihn gesehen haben. Und seit zwei Stunden versuche ich zu ergründen, wie sich meine Begeisterung für die neue Reihe in eine solche Ernüchterung verwandeln konnte. Episode VII ist mein persönliches “Todesstern vs. Alderaan”: Ein heller Aufschrei, als es im Saal endlich losging und danach nur noch Stille. Ich hatte mir vor dem Kinobesuch vorgestellt, wie der Abend ablaufen könnte. Vom enthusiastischen Mitsummen der Titelmelodie beim üblichen Lauftext zu Beginn bis zum frenetischen Applaus beim Abspann.Nichts davon trat ein. Eher ratlose Gesichter im Rund, als wäre gerade das Leichentuch der dunklen Seite gefallen.
Das Erwachen der Macht ist kein schlechter Film. Es gibt viele Dinge, die sehr gut funktionieren: Die liebevoll und detailliert gestalteten neuen Spezies, die nicht mehr per CGI auf die Leinwand geworfen werden, sondern wieder auf Puppentechnik basieren. Die zahlreichen wohligen Reminiszenzen an vorherige Episoden. Und auch Daisy Ridley als Rey überzeugt.
Auf der anderen Seite haben wir in Kylo Ren (Adam Driver) einen Antagonisten, der derart oft demontiert wird, dass jetzt schon fragwürdig scheint, ob er überhaupt noch als Bösewicht taugt. Dem Vergleich zu Darth Vader, dem er ironischerweise so nacheifern möchte, hält er keinesfalls stand. Und auch die Schurken aus den Episoden I-III (Darth Maul, Count Dooku, General Grievous) waren allesamt überzeugender.
Ein Kondensat der alten Trilogie
Viel gravierender ist für mich der eingeschlagene Weg Richtung Bombast-Kino: Die Laserschwerter klingen jetzt wie startende Düsenjäger, Blasterwaffen schießen mit einem Krawall, dass die getroffenen Körper nur so fliegen. Alles ist größer, lauter, schriller. Auf die Spitze getrieben wird diese Gigantomanie durch das Großprojekt mit Déjà-vu-Garantie vom als “Erste Ordnung” wiederauferstandenen Imperium.
Generell wirkt vieles wie ein Aufguss von Episode IV bzw. wie ein angereichertes Kondensat der alten Trilogie. Charaktere wie Yoda oder Wedge Antilles tauchen in neuen Figuren wieder auf, erfüllen aber die gleiche Funktion. Die Macht ist noch nicht erwacht, sondern hat sich höchstens kurz gestreckt und döst noch vor sich hin. Ich könnte noch vieles mehr schreiben, was meiner Meinung nach nicht optimal ist, werde das Ganze aber erstmal sacken lassen und bin gespannt auf Eure Meinungen.
Ich vergebe 6 von 10 Todessternen.