Qual und der Valentinstag

Wir saßen in der Küche und aßen Abendbrot. Qual stocherte dabei ziemlich lustlos in seinem Essen herum. “Gestern war Valentinstag, wusstest du das?”, erkundigte er sich schließlich betont beiläufig bei mir. “Ja, ist mir bekannt”, entgegnete ich, ohne den Blick von meinem Teller abzuwenden. “Und warum hast du mir nichts geschenkt?” Gekränkt schaute er mich an.
Ich legte mein Besteck ab und sah ihn eindringlich an. “Was hättest du denn haben wollen? Einen Strauß Blumen? Pralinen? Ein romantisches Essen bei Kerzenschein?” Qual überlegte kurz. “Das wäre zumindest ein vernünftiger Anfang gewesen.” Ich seufzte: “Wenn man einem Menschen beziehungsweise Geist wirklich zeigen will, dass man Gefühle für ihn hegt, dann kann man das auch das ganze Jahr über machen. Da braucht es keinen Tag, der durch Floristen, Drogisten und Feinbäcker zum zweiten Weihnachten mutiert.”

Beschämt dachte Qual nach. Plötzlich legte er seine Stirn in Falten. “Vielleicht gab es damals auch jemanden, der die Leute wieder geschieden hat und aufgrund seiner Konfession ebenfalls geköpft wurde. Der hat keinen Tag bekommen.” “Wie meinst du das jetzt?”, fragte ich irritiert. “Valentin war doch ein Bischof, der Paare heimlich traute. Irgendwann wurde es einem Kaiser zu bunt und hat ihn einen Kopf kürzer machen lassen”, erklärte Qual. “Tjaja, die Liebe bringt einen um Hals und Verstand”, warf ich amüsiert ein.
“Jedenfalls ist das meiner Meinung nach wirklich unfair. Valentins Märtyrertod wird heute durch den Tag der Liebenden geehrt.” “Ausgenutzt!”, schrie ich empört dazwischen. Qual fuhr unbeeindruckt fort: “Und der Typ, nennen wir ihn mal Gildo, der mindestens genauso viel von seinem Fach verstand, aber in der öffentlichen Wahrnehmung eher die Drecksarbeit erledigte, ging hingegen leer aus.” Kopfschüttelnd hakte ich nach: “Meinst du, wir sollten von nun an den Tag der Hassenden begehen?” Qual schien zutiefst überzeugt: “Gildo wäre so stolz auf uns. Also, halten wir fest: Der 15. Februar ist von nun an Gildostag.”