Qualo Picasso, Vollblutkünstler - Bild: Tati Schröder
“Es ist soweit, wenn das Publikum bitte Platz nehmen würde”, forderte Qual mich freundlich auf. “Hier ist kein Publikum, nur ich. Und die zwanzig Stühle kannst du später selbst wegräumen.” Kopfschüttelnd sah ich mich um. Akkurat hatte er vier Reihen in das Wohnzimmer gestellt, die leicht kreisförmig um die Staffelei samt verhülltem Bild angeordnet waren. Ich setzte mich in die letzte Reihe. Gelassen fuhr Qual mit seiner Präsentation fort. “Werte Damen und Herren, liebe Freunde der Kunst. Hin und wieder kommt es vor, dass man sich von der Muse geküsst fühlt. In meinem Fall geschah dies sogar mit Zunge. Bevor sie nun einen Blick auf mein Ergebnis wochenlanger Arbeit werfen können, noch ein paar Informationen. Ich nenne es “Der letzte Schrei”, ein Symbol für die weibliche Willenskraft während der periodisch auftretenden Sonderveranstaltungen in der Wirtschaft, insbesondere im Einzelhandel”, erklärte Qual stolz sein Werk.
“Und nun der Moment, auf den sie alle gewartet haben, ich möchte sie allerdings bitten, keine Fotos zu machen.” Elegant zog Qual das Bettlaken von der Staffelei. Erwartungsvoll sah er mich an. “Respekt, darauf muss man erstmal kommen. Edvard Munch wär bestimmt begeistert.” Per Photoshop hatte Qual “Der Schrei” um eine Szene im Sommerschlussverkauf ergänzt, der Schreiende hält einen Schuh und hat in seiner Version lange Haare. “Ich wusste, es würde dir gefallen. Eine Daueraustellung können wir trotzdem nicht daraus machen, die Haare hab ich mit den Nudeln von gestern dargestellt…”
“Es ist soweit, wenn das Publikum bitte Platz nehmen würde”, forderte Qual mich freundlich auf. “Hier ist kein Publikum, nur ich. Und die zwanzig Stühle kannst du später selbst wegräumen.”...