Qual und das Telefon

“Kannst du mir mal kurz helfen?” rief Qual hörbar entnervt. Auf dem roten Küchentisch lagen diverse Anleitungen, Kopfhörer, Ladekabel und die Verpackung von einem Smartphone. “Du hast dir eins gekauft?! Wozu? Und überhaupt…wieder von meinem Geld???” Qual überging gewollt den Finanzierungsaspekt und sagte: “Tja, man muss ja mit der Zeit gehen. Außerdem muss ich für meine Kontakte erreichbar sein.” Ich dachte  kurz nach. “Aber du hast doch niemanden außer mir, oder?” Jetzt musste Qual überlegen. “Das reicht mir. Ich weiß oftmals nicht wo du steckst. Wenn ich mir dann Sorgen mache, kann ich mich erkundigen”, freute er sich. Ich stöhnte auf und überlegte, ob Qual schon von der Nummer-blockieren-Funktion gehört hatte und wie ich ihm das gegebenenfalls als Systemfehler verkaufen könnte.

“Wo ist nun dein eigentliches Problem?”, fragte ich auf  ärgere Schwierigkeiten, die mir zumindest noch ein ruhiges Wochenende bescheren würden, hoffend. Mit Grimm hielt mir Qual das Smartphone entgegen. “Dieser neumodische Kram ohne Tasten funktioniert nicht!” Wir überflogen die technischen Hinweise. “Dein Smartphone hat einen kapazitiven Touchscreen, da kommst du mit deiner Geisterflosse nicht weit. Nimm einen leitfähigen Eingabestift, dann sollte das gehen. So, ich muss los, bis später!” Kurz nachdem ich das Haus verlassen hatte, erhielt ich eine Nachricht: “Hab übrigens auch eine SMS-Flat :) Gruß, Qual

Qual und der Krieg

“Ihr Menschen habt euch ja quasi ständig in den Haaren”, stellte Qual bei einer seiner vielen Sitzungen mit dem Geschichtsbuch fest, “wie könnt ihr nur so destruktiv sein?” Er hatte Recht. Seitdem unsere Vorfahren von den Bäumen runtergekommen sind, haben sie ihre freigewordenen Gliedmaßen in schöner Regelmäßigkeit für intraspezifische Gewalttaten verwendet. Selbst Tom und Jerry haben sich öfter vertragen als die Völker dieser Erde. “Es liegt wahrscheinlich einfach in der Natur des Menschen zu neiden und nach Macht zu streben. Diese Kooperationssache passt da vielen nicht ins Bild, auch wenn es wohl meist vorteilhafter gewesen wäre.” Qual blätterte um.

“Was ich nicht verstehe: Wenn ihr schon so etwas wie Staaten bildet, warum ziehen dann trotzdem gleich ganze Heere in den Krieg? Lasst doch die jeweiligen Oberhäupter gegeneinander antreten! Das Ganze kann man so vollkommen unblutig entscheiden, egal ob es um Ressourcen, Territorien oder unbezahlte Pizzarechnungen geht!” Ich stutzte: “Wie das?” “Schach! Ein klassisches Eins gegen Eins. Bei mehreren beteiligten Parteien wird es eben ein Turnier. Heißt ja nicht umsonst Spiel der Könige”, erklärte Qual augenzwinkernd.

Qual und das Glücksspiel

„Warum schaust du denn so bedröppelt?“, wunderte sich Qual, als ich zur Tür herein kam.

Ich legte den aktuellen Kontoauszug auf den roten Küchentisch und starrte ihn an. Die Zahlen darauf hatten denselben Farbton wie die Oberfläche, auf dem sich der Audruck nun befand.

„Warum schulden wir einer Gesellschaft in Marsaskala Geld für Glücksspiele im Internet?“, fragte ich scharf.

Qual wackelte verlegen mit der Flosse, spitzte ein wenig die Lippen und drehte sich mehrmals langsam um seine eigene Achse, um dann kleinlaut zuzugeben: „Ich hab es ja nur gut gemeint. Dein Geist war willig, aber sein Geist war schwach. Wenn auch nur für den einen, zugegeben entscheidenden, Moment. Ansonsten hat meine Theorie aber furchtbar gut funktioniert!“

Nun war ich neugierig. Eine ganze Reihe an Fragen schoss mir durch den Kopf, so dass ich vorerst vergaß, sauer zu sein. „Welche Theorie? Und was hast du überhaupt gespielt?“

Qual witterte seine Chance, mich weiter abzulenken und erzählte: „Online-Poker! Erschien mir etwas sicherer als Roulette, wer weiß was die für Zufallsprogramme haben. Und meine Theorie? Antizyklisches Verhalten! Was der Wirtschaft gut tut, kann auch bei unserer persönlichen Finanzpolitik nicht schaden. Habe immer so gespielt, wie es kein Mensch erwarten würde. Nur am Ende ging das jeweils schief.“

„Am Ende? Man gewinnt nun mal immer solange, bis man verliert. Du hast also nicht nur einen Moment lang nicht aufgepasst, sondern du warst im permanenten Spielfieber!“

Betreten schaute Qual auf den Boden.

„Aber lass mal, ich hab auch schon 30 Pfund beim Hütchenspiel in London verspielt“, gab ich zu.

„Hütchenspiel? Aber das sind doch Banden! Da hättest du höchstens mit antizyklischem Verhalten …“

In eigener Sache

Werte Qualianer, Quallen oder wie auch immer ihr euch nennen mögt,

da die Veröffentlichung des Buches rund um unseren spukenden Freund zwar noch nicht in greifbare Nähe gerückt, aber doch so langsam am Horizont abzusehen ist (Details werden noch nicht verraten), werden die Anekdoten und Denkanstöße ab sofort zumindest nicht mehr in der gewohnten Regelmäßigkeit erscheinen. Das gibt uns mehr Raum für den letzten Feinschliff und eine kühle Limo zwischendurch. Hin und wieder wird es sich Qual allerdings nicht verkneifen können, seine Gedanken in den Äther zu schicken.

Wer mit der neu gewonnenen Freizeit nichts anzufangen weiß: Geht doch mal wieder ein Baumhaus bauen. Oder pflanzt erstmal einen Baum. Danach warten.

Haltet die Flossen steif