Qual und die Tupperware

Als Qual und ich neulich nach langer Zeit wegen akutem Nahrungsmangel mal wieder aus dem Haus traten, staunten wir nicht schlecht: Ohne unsere Erlaubnis war es mittlerweile Herbst geworden. Zum Herbst haben wir seit jeher ein recht angespanntes Verhältnis. Am meisten stört es uns wahrscheinlich, dass die Tage inzwischen so kurz geworden sind, dass man quasi in völliger Finsternis lebt. Nicht nur die Polizei tappt daher momentan des Öfteren im Dunkeln.

Das Wort tappen kommt übrigens vom amerikanischen Trapper, der seinerzeit im frisch entdeckten Amerika die Landschaft erkundete (nicht zu verwechseln mit dem gewöhnlichen Landstreicher, der unter anderem noch heute für das bunte Herbstlaub verantwortlich ist) und nebenbei niedlichen Tieren ohne deren Einwilligung unsanft die Pelze stahl, nachdem diese mitsamt ihren Trägern in hinterhältige Fallen geraten waren. Trapper, die altersbedingt nicht mehr in der Lage waren lange Wege zurückzulegen, schulten um und waren fortan Pilze- statt Pelzesammler, aber das ist eine andere Geschichte …

Bezogen auf die Berufsbezeichnung der Pelzesammler lautete eine typische Redewendung in eine Falle trappen. Im Laufe der Jahre ging aber im deutschen Sprachgebrauch der Buchstabe R im Trapper beziehungsweise trappen verloren, heraus kam der hiesige Tapper. Der Tapper hatte wie sein Pendant aus Übersee immer genügend Proviant für seinen beschwerlichen Weg dabei. Um diesen möglichst lange frisch genießen zu können, begann man alsbald mit der Entwicklung von geeigneten Transportmaterialien – der noch heute beliebten Tupperware.

Warum diese allerdings mit einem U geschrieben wird, ist uns schleierhaft. Denkbar ist, dass regionale Mundarten diese Sprachvarietät verursachten, die in der Folge Einzug in die gesamtdeutsche Schreibweise gehalten hat. Vielleicht hat ein Schelm in der Vergangenheit auch einfach jemandem ein U für ein A vorgemacht und ein weiterer dann ein X für dieses U. Glücklicherweise konnte sich die Txpperware nie durchsetzen, was die internationale Vermarktung sicherlich um ein Vielfaches vereinfachte. Ihrer Bedeutung für die Menschheit wird der Tupperware bis in die heutige Zeit so oder so zu Recht in zahllosen gleichnamigen Partys gedacht.

Zu solch einer Party wurden Qual und ich vergangenes Wochenende eingeladen. Die Gastgeber meinten es mit der Tupperware-Romantik allerdings etwas zu gut. Ohne etwas im Vorfeld verraten zu haben, hatten sie dafür gesorgt, dass Deutschlands angeblich letzter aktiver Trapper … ähm, Tapper … ebenfalls anwesend war. Nach der Begrüßung und einem Schwenk in die Küche standen wir daher plötzlich Old Bighand, der mit bürgerlichem Namen Bernd Schulze heißt, gegenüber. Im Türrahmen stehend verhinderte er, dass wir das Weite suchen konnten und verwickelte uns in ein Gespräch.

Sie haben ja wirklich große Hände“, begann ich nervös. „Die brauche ich auch“, nickte mir Old Bighand zu und machte eine Geste, als würde er einen schweren Gegenstand tragen. „Der Kerl ist doch verrückt“, warf Qual ein. „Wofür denn?“, setzte ich die Unterhaltung fort. „Für die Mammuts!“, betonte er mit ernster Miene. „Mammuts?“ „Ja, Mammuts. Ich stelle deutschlandweit Mammutfallen auf. Mammutfelle sind die besten.“ Irritiert sah ich Qual an. „Aber es gibt doch gar keine Mammuts mehr?“ Old Bighand alias Bernd Schulze atmete tief ein: „Weil ich einfach zu gut bin.“ Schweigend sahen wir uns einen Moment lang an.

Kurz darauf kam ein anderer Gast und bat Old Bighand um ein Autogramm. „Wow, der Typ hat tatsächlich Anhänger“, wunderte sich Qual. „Wir sollten trotzdem schleunigst verschwinden“, bat ich ihn, „er ist gerade abgelenkt. Außerdem sorgt der Inhalt unserer mitgebrachten Tupperware nicht gerade dafür, dass wir den Preis für die vorbildlichsten Gäste gewinnen.“ Qual hob die Augenbrauen. „Was hast du gemacht?“ Ich kratzte mich verlegen am Kopf. „Naja, ich hatte nicht allzu viel Zeit. Daher hat es nur für einen Pustekuchen gereicht …“

Stiltest: Melinda Nadj Abonji

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